Frühe Hilfe für große Fortschritte: Familien als Schlüssel für die kindliche Entwicklung
Hilfe für Familien mit autistischen Kindern
Martina Fuchs und Johanna Ehrengruber, Expertinnen in der Autismusfrühintervention von der Außenstelle des Autismuskompetenzzentrum der Barmherzigen Brüder in Vöcklabruck stellten die PACT-Methode (Paediatric Autism Communication Therapy) vor, eine familienzentrierte Therapieform, die auf Video-Feedback basiert. Eltern werden geschult, die Interessen ihrer Kinder besser zu erkennen und darauf zu reagieren. Ziel ist es, die soziale Kommunikation der Kinder zu fördern und eine engere Bindung zwischen Eltern und Kind aufzubauen. „PACT ist eine Methode, die nicht nur die Sprache verbessert, sondern auch die Beziehung zwischen Eltern und Kind stärkt", erklärte Martina Fuchs.
Die Eltern werden aktiv in den Therapieprozess eingebunden, was nachweislich zu schnelleren Fortschritten bei den Kindern führt. Begleitet werden die Familien von Elternpeers, d.h. selbst betroffenen Eltern die sie von der Diagnose bis zur Therapieabschlusssitzung unterstützen. Dieses Modell hat bereits viele Familien positiv beeinflusst und könnte als Vorbild für weitere Interventionen dienen.
Warum Bilder oft mehr sagen als Worte
Dieser interaktive Vortrag kombinierte wissenschaftliche Ergebnisse mit visuellen Präsentationen, um zu zeigen, wie innovative Technologien wie Videoanalysen die Effektivität von Interventionen sowohl für das Kommunikationsverhalten der Eltern als auch ihrer Kinder aufzeigen und somit die Frühförderung revolutionieren können. Durch anschauliche Darstellungen wurde verdeutlicht, wie wichtig es ist, Therapieansätze laufend zu evaluieren und anzupassen. „Unsere visuelle Darstellung hilft, komplexe Sachverhalte besser zu verstehen und Interventionen noch zielgerichteter zu gestalten", betonten Eva Dely und Katrin Traxler vom Autismuskompetenzzentrum Linz. Dieser Ansatz zeigt, wie Wissenschaft verständlich und zugänglich aufbereitet werden kann, um Eltern und Fachkräften gleichermaßen zu helfen.
Hörbeeinträchtigungen?
Wir dürfen Familien nicht allein lassen Doris Binder und Daiva Müllegger-Treciokaite vom Familienzentrierten Linzer-Interventions Programm präsentierten die „FIT mit FLIP"-Initiative, ein Programm zur Unterstützung von Familien mit hörbeeinträchtigten Kindern. Der Ansatz kombiniert frühe Interventionen im häuslichen Umfeld mit der Schulung der Eltern, um deren Kommunikationsfähigkeiten im Familienalltag an die speziellen Bedürfnisse ihres Kindes anzupassen. Dabei stehen sowohl verbale als auch visuelle Strategien im Fokus. Gehörlose Mentor*innen und Eltern-Peers begleiten die Familien während des gesamten Prozesses. „Frühe Unterstützung stärkt nicht nur die Elternkompetenz, sondern führt auch zu einer besseren Entwicklung der Kinder", betonten Binder und Müllegger. Zahlreiche Eltern berichteten, dass sie dank des Programms nicht nur effektiver mit ihren Kindern kommunizieren, sondern auch entspannter mit den Herausforderungen des Alltags umgehen können. Diese Initiative bietet einen nachhaltigen Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität betroffener Familien.
Erste Ergebnisse der AChild-Studie: Wie frühkindliche Förderung das Leben verändert
Magdalena Dall MSc vom Forschungsinstitut für Entwicklungsmedizin JKU präsentierte erste Ergebnisse der AChild-Studie, einer Langzeitforschung von der Geburt bis zum Schuleintritt zu Kindern mit Hörbeeinträchtigungen. Die Untersuchung zeigt, dass die Eltern Kind-Interaktion einen entscheidenden Einfluss auf die sprachliche und soziale Entwicklung der Kinder hat. Tools wie LENA (Language Environment Analysis) analysierten die Qualität der Sprachumgebung und deren Auswirkung auf die kindliche Entwicklung. „Unsere Daten zeigen, dass je responsiver die Eltern sind, desto besser entwickeln sich Sprache und soziale Fähigkeiten und letztlich die psychische Gesundheit ihrer Kinder", erklärte Magalena Dall. Darüber hinaus verdeutlichte die Studie, das verbesserte Kommunikationsmöglichkeiten der Kinder sich wiederum auf eine Reduktion von Elternstress auswirken. Die Erkenntnisse bieten eine wertvolle Grundlage für die Weiterentwicklung familienzentrierter Interventionen.
v.l.n.r: Katrin Traxler (Autismuskompetenzzentrum Linz), Johannes Fellinger (Institut für Sinnes- und Sprachneurologie), Martina Fuchs und Johanna Ehrengruber, (beide: Autismuskompetenzzentrum Vöcklabruck) Doris Binder und Daiva Müllegger-Treciokaite (beide:Familienzentriertes Linzer Interventions-Programm) , Eva Dely (Autismuskompetenzzentrum Linz), Magdalena Dall (Forschungsinstitut für Entwicklungsmedizin JKU), Daniel Holzinger (Zentrum für Kommunikation und Sprache, ISSN)
Sprachförderung im Alltag: Die große Chance
Im Vortrag „Die große Chance: SPES OÖ Sprachscreening und Elterntraining ONLINE" fokussierten sich Eva Huber & Karin Nöbauer vom Forschungsprojekt SPES OÖ auf einfache und praxistaugliche Wege, wie Eltern von zweijährigen Kindern mit verzögerter Sprachentwicklung die Sprache ihrer Kinder im Alltag fördern können. Das Projekt SPES OÖ, gefördert durch die Raiffeisen Landesbank, ermöglicht in zwei Modellbezirken in OÖ die flächendeckende Früherkennung von sprachlichen Auffälligkeiten im Rahmen der Eltern Kind Pass Untersuchungen. Für Kinder, die im Screening auffallen, wird ein Elterntraining Online angeboten. Fünf Module, darunter Themen wie „Kindgeleitete Kommunikation“ „Sprache erweitern" und „Sprach(lern)gelegenheiten entdecken", zeigen Eltern, wie sie alltägliche Situationen in Lernmomente verwandeln können. „Durch das Programm verstehen Eltern besser, was ihr Kind möchte, und können besser mit ihm interagieren. Viele berichten, dass das gemeinsame Spielen und Bücher anschauen jetzt viel mehr Spaß macht", hieß es seitens der Referentinnen. Die Ergebnisse verdeutlichen, wie bedeutsam der Alltag für die Sprachförderung ist und wie kleine Veränderungen große Fortschritte bringen können.
Was Vernachlässigung im Gehirn anrichtet – und wie Hilfe wirkt
Prof. Dr. Charles A. Nelson von der Harvard Medical School präsentierte das Bucharest Early Intervention Project (BEIP), eine Langzeitstudie über die Auswirkungen des Fehlens von Familien in den ersten Lebensjahren auf die Gehirnentwicklung. Die Ergebnisse zeigen, dass Kinder, die in Pflegefamilien statt in Institutionen aufwachsen, deutlich bessere soziale, kognitive und emotionale Fähigkeiten entwickeln. „Die ersten Lebensjahre sind entscheidend für die Entwicklung des Gehirns. Stabilität und liebevolle Beziehungen schaffen die Grundlage für gesundes Wachstum und positive Entwicklung", erklärte Prof. Nelson. Kinder, die schon vor ihrem zweiten Lebensjahr in Pflegefamilien vermittelt wurden, zeigten besonders signifikante Fortschritte. Diese Studienergebnisse führten nicht nur zu politischen Veränderungen in Rumänien, sondern dienen weltweit als Grundlage für Reformen in der Kinderbetreuung.
Für wen ist das alles wichtig?
Von den Erkenntnissen und weiteren Forschungen profitieren alle Familien, die sich fragen: Wie kann ich mein Kind besser unterstützen? Ob es um Autismus, Hörprobleme oder einfach die Sprachentwicklung geht – es gibt viele Angebote, die Eltern helfen können. Die Linzer Sprachtagung hat gezeigt, dass es für jede Familie einen Weg gibt, der zu ihrem Kind passt. Die Botschaft: Niemand muss diesen Weg alleine gehen. Die 15. Linzer Sprachtagung unterstrich dabei einmal mehr die Bedeutung interdisziplinärer Forschung und internationaler Zusammenarbeit. Die präsentierten Modelle und Studien liefern nicht nur praktische Lösungen für aktuelle Herausforderungen, sondern bieten eine solide Basis, um zukunftsorientierte Programme und Strategien zu entwickeln. Entscheidungsträger*innen sind nun gefordert, diese wissenschaftlichen Erkenntnisse in die Praxis umzusetzen, um die Lebensperspektiven von Kindern und Familien nachhaltig zu verbessern.
Konventhospital Barmherzige Brüder Linz
Das Konventhospital Barmherzige Brüder Linz ist Teil einer der größten ordensgeführten Gesundheits- und Sozialeinrichtung der Welt. Die Standorte in Oberösterreich, darunter das Krankenhaus Barmherzige Brüder Linz, das Seniorenheim Franziskusschwestern, die Krankenhaus-Apotheke, die Augenoptik Barmherzige Brüder sowie die Einrichtungen der „Lebenswelt“ sind eingebunden in innovative, kosteneffiziente Strukturen. Das Konventhospital betreut jährlich über 22.000 Patient*innen stationär und mehr als 87.000 ambulant. Regional hat sich das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder auf Spitzenmedizin in ausgewählten Schwerpunktbereichen spezialisiert:
- Augenheilkunde
- Geburtshilfe
- Gefäßchirurgie
- Innere Medizin
- Neurologie
- Sinnes- und Sprachneurologie
Über den Orden der Barmherzigen Brüder:
In der Österreichischen Ordensprovinz mit Standorten in Österreich, Tschechien, Ungarn und der Slowakei betreiben die Barmherzigen Brüder gemeinsam mit fast 8.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Voll- und Teilzeitbeschäftigung an 36 Standorten zwölf Krankenhäuser sowie zahlreiche weitere Sozial- und Gesundheitseinrichtungen wie Alten- und Pflegeheime, Lebenswelten für Menschen mit Behinderungen, eine Therapiestation für Drogenkranke, Hospize und Kureinrichtungen. Weltweit sind die Barmherzigen Brüder in 53 Staaten mit über 400 Einrichtungen vertreten.
Für weitere Rückfragen wenden Sie sich bitte an:
Frau Mag. Claudia Kolb
0699/122 00 869