Naschen als Diabetiker*in? „Es gibt keine Verbote!“
„Darfst du das überhaupt essen?“ – diese Frage bekommen Diabetiker*innen immer wieder von Bekannten und Familienmitgliedern gestellt. Dabei ist die Zeit der Tabus längst vorbei. Betroffene dürfen, ja sollen sogar, die gleichen Sachen essen, wie sie für die gesunde Ernährung des sogenannten „Normalbürgers“ empfohlen werden. Auch OÄ Dr. in Petra Wolfinger, Leiterin der Stoffwechselambulanz am Ordensklinikum Linz, sagt: „Verbote machen wir nicht. Wir raten beispielsweise die Hälfte der angegebenen Zuckermenge aus dem Rezept zu verwenden. Zudem ist es hilfreich, statt Weizen-, Roggen- oder Vollkornmehl zu verwenden.“
Tatsächlich geben viele Patient*innen im Gespräch mit der Expertin an, in der Weihnachtszeit gerne das ein oder andere Keks zu essen. Für die Medizinerin ist das kein Problem. „In der Ernährungspyramide stehen Süßigkeiten ganz oben als kleinste Gruppe. Man darf sie natürlich konsumieren, aber eben in kleinen Mengen“, sagt OÄ Dr. in Wolfinger. Konkret rät die Expertin, statt fünf eben nur zwei Kekse zu essen. Typ-1-Diabetiker*innen haben es etwas leichter, da sie vor dem Verzehr einfach mehr Insulin spritzen. Typ-2-Patient*innen können dem höheren „Zuckerschub“ mit etwas mehr Bewegung wie einem ausgiebigen Spaziergang entgegenwirken. Generell sollte darauf geachtet werden, dass der Zucker langsamer in die Blutbahn übergeht. Im Speziellen eignen sich hierfür vor allem Vollkornprodukte. Diese sind reich an Ballaststoffen, was bedeutet, dass sie dazu beitragen können, unsere Verdauung zu regulieren. Darüber hinaus können ballaststoffreiche Lebensmittel uns auch länger satt halten und Heißhungerattacken reduzieren.
Bei Patient*innen mit der Erstdiagnose Diabetes rät OA Dr. in Wolfinger den Verzehr von süßen Speisen um die Hälfte zu reduzieren. Hilfreich dabei ist auch dunkle Schokolade. Diese enthält wesentlich mehr Kakaoanteil und ist damit nicht nur gesünder, sondern auch das Sättigungsgefühl setzt schneller ein. Gar nicht auf den Speiseplan stehen sollten hingegen klassische Diabetikerprodukte. OÄ. Dr. in Wolfinger: „Davon kann ich nur abraten. Es sind zwar weniger Kohlenhydrate enthalten. Dafür ist der Fettanteil wesentlich höher.“
Mehr als 800.000 Diabetiker*innen
Aktuelle Statistiken sind alarmierend. So leidet in Österreich derzeit jeder Zehnte an Diabetes mellitus. Zumindest ein Drittel der Bevölkerung weiß nichts von der Erkrankung. Konkret sind es 800.000 Menschen, die an Diabetes Typ-2 erkrankt sind. Bei Typ-1 wird von 30.000 Betroffenen, davon 1.600 Schulkinder, gesprochen. Übergewicht und Fettleibigkeit sowie Bewegungsmangel erhöhen das Risiko für Typ2-Diabetes. Rund 50 Prozent aller in Österreich lebenden Menschen sind zumindest übergewichtig. Auch bei Kindern nimmt Übergewicht stetig zu. „Wenn die Kinder ihr Bewegungs- und Ernährungsverhalten nicht verändern, sind sie im Alter stark gefährdet an Diabetes zu erkranken“, warnt OÄ. Dr. in Wolfinger. Während Typ-1- Diabetes meist im Kindesalter auftritt, wird die Autoimmunerkrankung nun auch immer häufiger bei Erwachsenen diagnostiziert. Laut der Leiterin der Stoffwechselambulanz am Ordensklinikum Linz sind viele der Betroffenen 45 Jahre oder älter – Tendenz steigend.
OÄ Dr. in Petra Wolfinger, Leiterin der Stoffwechselambulanz am Ordensklinikum Linz
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Michael Prieschl
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