45 Jahre Cochlea-Implantat: Trotz Taubheit die Welt in Ton und Sprache erleben
Das Cochlea-Implantat ist eine große Erfolgsgeschichte, die vor 45 Jahren in Österreich ihren Lauf nahm. Am Ordensklinikum Linz ist die Operation längst Standard und läuft in Relation zu ihrem Umfang eher kurz und komplikationsarm ab. „Die Cochlea-Implantate helfen Menschen, deren Hörverlust vom Innenohr ausgeht und deren Hörnerv weiterhin intakt ist“, erklärt OA Dr. Christoph Balber, HNO-Facharzt am Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern. Bei den Patient*innen handelt es sich meistens um taub oder extrem schwerhörig geborene Kinder, die mithilfe eines konventionellen Hörgeräts nicht die Möglichkeit haben, sprechen zu lernen. Die zweite Indikation betrifft Menschen, bei denen die ursprünglich vorhandene Hörfähigkeit durch verschiedene Schädigungen des Innenohrs verloren gegangen ist. „Nicht bei jedem Fall des Hörverlusts ist ein Implantat geeignet. Ob ein Cochlea-Implantat eingesetzt wird, bleibt eine individuelle Entscheidung des Ärzt*innenteams und der*der Patient*in“, sagt OA Dr. Balber.
Kinder und alte Menschen profitieren am meisten
Ist ein Kind von Geburt an taub oder stark schwerhörig, sollte bereits um den ersten Geburtstag ein Cochlea-Implantat eingesetzt werden, da sich das Gehirn zu dieser Zeit noch entwickelt. „Bei entsprechender Förderung haben diese Kinder dann annähernd die gleiche sprachliche Entwicklung wie hörgesunde Kinder und können meistens Regelschulen besuchen“, erklärt der HNO-Spezialist. Eine spätere Implantation bei Menschen, die von Geburt an gehörlos sind, bringt fast nichts mehr, da das Gehirn nie gelernt hat, die vom Implantat auf den Hörnerv übertragenen Reize zu interpretieren. Die Expert*innen der HNO-Abteilung am Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern behandeln jährlich rund 20 Patient*innen auf diese Weise. Bei Kindern sind die Fallzahlen der Implantate konstant, bei Erwachsenen erkennt man aufgrund der immer älter werdenden Bevölkerung einen leichten Anstieg. Dr. Christoph Balber sagt: „Menschen, mit denen eine Kommunikation nur noch über Texte und Bilder möglich war, können bald nach der Implantation wieder Gespräche führen. Das bewahrt gerade ältere Menschen vor dem sozialen Rückzug, den Schwerhörigkeit und Hörverlust oft auslösen.“
Realistische Erwartungen und minimale Einschränkungen im Alltag
Das Implantat bringt viele Vorteile, es ist jedoch kein Wundermittel. Patient*innen benötigen nach der OP ein gewisses Maß an Übung und Training, um optimale Ergebnisse zu erzielen, erklärt OA Dr. Balber: „Man darf keine falschen Erwartungen wecken: das Hören mit Implantat ist nicht dasselbe wie es ein hörgesunder Mensch gewohnt ist. Die Patient*innen verstehen Gesprochenes wieder und können aktiv kommunizieren, jedoch klingt Musik z.B. anders und ist anfangs fast nicht wiederzuerkennen. Es gibt aber Patient*innen, die mit viel Übung auch Konzerte wieder genießen können.“ Wichtig sind eine realistische Erwartung und eine gute Compliance, also die Bereitschaft aktiv an der Therapie mitzuwirken. Im Alltag sind Personen mit einem Cochlea-Implantat nur minimal eingeschränkt: Der Audioprozessor mit Mikrophon und die Sendespule, welche meist hinterm Ohr getragen werden, dürfen jedoch nicht nass werden. „Prozessor und Sendespule sind aber bloß durch einen Magneten mit der implantierten Empfangsspule verbunden und können sehr leicht abgenommen werden – dann kann man alles unternehmen“, erklärt der Facharzt. Ein Linz Austausch des Implantats ist im Normallfall nicht nötig, da es keine mechanischen Komponenten gibt, die sich abnützen könnten. Ein Cochlea-Implantat benötigt keine Batterie im Körper und die Ausfallsrate ist äußerst niedrig.
OA Dr. Christoph Balber, Facharzt an der Abteilung HNO, Kopf- und Halschirurgie am Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern
Rückfragehinweis für Journalist*innen:
Andrea Fürtauer-Mann
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