Schreckgespenst postvirale Erkrankungen
Das Virus SARS-CoV-2 wird hauptsächlich über die Atemwege weitergegeben. Kommt man damit in Kontakt, kann es beim Menschen innerhalb von durchschnittlich sechs Tagen zur Akuterkrankung COVID-19 kommen. „Diese wiederum kann bis zu vier Wochen andauern“, so die Lungenärztin. „Nach einer anfänglichen Erholungsphase können die Krankheitssymptome allerdings auch weiterbestehen oder neue dazukommen. In einem Zeitrahmen von vier bis zwölf Wochen spricht man dann von Long COVID, ab einer Dauer von zwölf Wochen vom Post-COVID-Syndrom.“
Große Bandbreite körperlicher Beschwerden
Beide Erkrankungsformen sind durch ein breites Spektrum an Beschwerden gekennzeichnet: „Dieses reicht von geringen Befindlichkeitsstörungen bis hin zu massiven Einschränkungen im Alltag“, sagt Kutics.
Von Atemnot über Fatigue bis POTS
Zu den häufig auftretenden Symptomen zählen Atemnot, Husten und Schmerzen im Brustkorb. „Dann muss nicht zwingend eine Lungenerkrankung vorliegen“, so Kutics. Auch Angst und Trainingsmangel könnten zu Atemnot führen. „Anhaltende Veränderungen der Lunge, die im Röntgenbild oder CT sichtbar werden, sind selten. Zwar kann sich COVID 19 ungünstig auf Asthma auswirken, eine dauerhafte Verschlechterung ist jedoch nicht zu erwarten.“
Ein äußerst einschränkendes Beschwerdebild ist die sogenannte Fatigue. „Dabei handelt es sich um eine ausgeprägte Erschöpfung und Leistungsschwäche, welche durch Ruhe und Schlaf kaum Besserung findet“, erklärt die Lungenexpertin. „Ihre Ausprägung ist unabhängig von der Schwere der auslösenden Infektion. In der Regel bessert sie sich von selbst, meist nach drei bis sechs Monaten.“ Bei einer Belastungsintoleranz kommt es nach auch nur leichter Anstrengung oder Stress zu einer Zunahme der Fatigue, von Kopf- oder Muskelschmerzen und Konzentrationsproblemen. „In diesem Fall hilft nur: Energie sparen, Tempo anpassen, Prioritäten setzen und planen!“, rät Kutics.
Auch POTS ist heute vielen ein Begriff. Beim Posturalen orthostatischen Tachykardie-Syndrom handelt es sich um eine Störung des Nervensystems, welches die Herzfrequenz reguliert. Bemerkbar macht es sich durch Herzrasen nach dem Aufstehen. Begleiterscheinungen sind Müdigkeit, Schwindel, Benommenheit sowie der sogenannte „Brain fog“ oder „Gehirnnebel“: ein mentaler Zustand, der durch Konzentrationsschwäche, Verwirrtheit, Antriebslosigkeit und Vergesslichkeit gekennzeichnet ist. „Das Beschwerdebild ist für die Betroffenen äußerst unangenehm und schränkt die Lebensqualität ein, ist an sich jedoch ungefährlich. Maßnahmen, wie ausreichende Zufuhr von Flüssigkeit, aber auch das Tragen von Kompressionsstrümpfen können den Zustand verbessern.“
Wie kommt es zur Erkrankung?
Warum es zu postviralen Erkrankungen wie Long oder Post COVID kommt, ist aktuell noch Teil von Untersuchungen. „Zu den Hauptthesen in Medizin und Wissenschaft zählen die Möglichkeit einer anhaltenden Infektion bzw. der Reaktivierung zurückliegender Infektionen“, so Kutics.
Schritte der Abklärung
Der erste Weg in der Abklärung einer möglichen postviralen Erkrankung führt zum Hausarzt, der bei Bedarf an einen Facharzt überweist. „Sind weiterführende Untersuchungen notwendig, werden diese an einer Spezialambulanz durchgeführt. Wichtig ist, alle relevanten Befunde, die aktuelle Medikamentenliste und eine Auflistung von Allergien zu den Terminen mitzubringen“, rät die Lungenexpertin.
Noch wenig Therapieansätze
Da der konkrete Auslöser der postviralen Erkrankung nicht bekannt ist, sind heute noch keine grundlegenden Therapieansätze möglich und die Behandlung verläuft symptomorientiert. Ein Rehabilitationsaufenthalt kann Perspektiven in der Genesung aufzeigen, als nicht wirksam haben sich hingegen Blutwäsche, Sauerstoffhochdruck und ähnliche Verfahren herausgestellt.
Weiterführende Informationen:
Long und Post COVID
- Long COVID: anhaltende Symptomatik in einem Zeitraum von vier bis zwölf Wochen nach der Akuterkrankung
- Post-COVID-Syndrom: andauernde Beschwerde ab einer Dauer von zwölf Wochen nach der Coronainfektion
- Krankheitsverlauf: anhaltend, schubweise oder auch wellenförmig
- Risikogruppe: eher Frauen als Männer, am häufigsten sind 30- bis 50-Jährige betroffen. Menschen mit Übergewicht, chronischen oder psychischen Erkrankungen tragen ein höheres Risiko.
- Häufige Symptome: Müdigkeit, eingeschränkte Leistungsfähigkeit, Fatigue und Belastungsintoleranz bis hin zu Atemnot, Schlaflosigkeit und anhaltende Riech- und Schmeckstörungen, seltener Brust-, Gelenks- und Muskelschmerzen oder Missempfindungen und Taubheitsgefühl.
- Weitere mögliche Langzeitfolgen: erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und psychiatrische Erkrankungen, Schlaganfall, Herzinfarkt, Herzrhythmusstörungen, Herzmuskelentzündungen und Herzschwäche
- Impfungen senken das Risiko für Long COVID. Ob Virostatika Long COVID verhindern können, ist Gegenstand von Untersuchungen.
Dr. Kristina Kutics, Fachärztin für Lungenheilkunde, Klinikum Wels-Grieskirchen
„Nach einer anfänglichen Erholungsphase können die Krankheitssymptome allerdings auch weiterbestehen oder neue dazukommen.“
„In einem Zeitrahmen von vier bis zwölf Wochen spricht man dann von Long COVID, ab einer Dauer von zwölf Wochen vom Post-COVID-Syndrom.“
„Bei Atemnot, Husten und Schmerzen im Brustkorb muss nicht zwingend eine Lungenerkrankung vorliegen.“
„Zwar kann sich COVID 19 ungünstig auf Asthma auswirken, eine dauerhafte Verschlechterung ist jedoch nicht zu erwarten.“
„Bei Fatigue handelt es sich um eine ausgeprägte Erschöpfung und Leistungsschwäche, welche durch Ruhe und Schlaf kaum Besserung findet.“
„POTS ist eine Störung des Nervensystems, welches die Herzfrequenz reguliert. Bemerkbar macht es sich durch Herzrasen nach dem Aufstehen, Müdigkeit, Schwindel, Benommenheit sowie den sogenannten ‚Brain fog‘.“
Das Klinikum Wels-Grieskirchen
Das größte Ordensspital Österreichs ist eine Institution der Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz und der Franziskanerinnen von Vöcklabruck. Mit 35 medizinischen Abteilungen, 1.251 Betten und rund 4.100 Mitarbeitern leistet das Klinikum Wels-Grieskirchen umfassende medizinische Versorgung in Oberösterreich. Der Gesundheitsversorger verzeichnet rund 65.000 stationäre Entlassungen jährlich. Aufgrund seiner zahlreichen Schwerpunkte und Kompetenzzentren bündelt das Klinikum fachübergreifendes Know-how und ermöglicht interdisziplinäre Diagnosen und Behandlungen zum Wohle der Patienten.
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