Chronische Störung des Schlaf‐Wach‐Rhythmus
„Ein Schlafzyklus dauert ca. 90 Minuten und umfasst die REM‐Phase, in welcher wir träumen, sowie die Schlafstadien I, II, III und IV. Letztere bezeichnet den Tiefschlaf“, erklärt Margit Mehlmauer, Oberärztin an der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin am Klinikum Wels‐Grieskirchen. „Im Laufe einer Nacht durchlaufen wir mehrere Schlafzyklen.“ Die Schlafstunden pro Tag und der Prozentanteil des REM‐Schlafes nehmen mit zunehmendem Alter ab. Individueller Schlafbedarf und Biorhythmus sind genetisch festgelegt – CLOCK‐Gene steuern unsere innere Uhr. „Schlafgesunde Menschen geben Wohlbefinden bei vier bis zwölf Stunden Schlaf am Tag an“, so Mehlmauer. „Die Lerche, der Morgentyp, zeigt ein frühes Aktivitätsmaximum, die Eule, der Abendtyp, ein spätes zweites Aktivitätsmaximum.“
Wenn die Nachtruhe gestört ist
„Insomnische Beschwerden sind extrem häufig und betreffen in vorübergehender Form mehr als die Hälfte der Bevölkerung“, erklärt Psychiaterin. „Ursachen dieser Ausprägung sind zum Beispiel aktueller Stress, ungünstige Umgebungsbedingungen, wie Lärm und nicht ideale Temperatur, eine Störung des Schlaf‐Wach‐Rhythmus durch einen Jetlag sowie Nebenwirkungen von Medikamenten.“ Hält die Insomnie länger als sechs Monate an, wird sie als chronisch bezeichnet. Diese Form tritt bei ca. zehn Prozent der Bevölkerung auf, Frauen sind dabei öfter betroffen als Männer. Ein erhöhtes Vorkommen wird unter älteren Menschen und innerhalb von Familien verzeichnet. „Zu den auslösenden Faktoren der chronischen Form zählen körperliche Erkrankungen, wie Nieren‐ und Herzerkrankungen, Asthma, Schilddrüsenüberfunktion, Schlafapnoe‐ oder Restless‐Legs‐Syndrom, aber auch Depression, Konsum von Koffein, Alkohol oder Beruhigungsmitteln, chronischer Stress oder Schichtarbeit“, führt Mehlmauer an.
Schwerwiegende Konsequenzen
„Die Folgen einer lange andauernden Schlafstörung reichen von kognitiven Einschränkungen zu Störungen der psychischen Befindlichkeit bis hin zu somatischen Beschwerden und verminderter Lebensqualität“, erklärt die Medizinerin. „Chronische Insomnien sind mit einem erhöhten Risiko für Depressionen, Angststörungen und Alkoholmissbrauch verbunden. Auch stellen sie einen Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen, Diabetes mellitus und neurodegenerative Erkrankungen dar.“
Umfangreiche Abklärung, wirkungsvolle Therapie
„Die Diagnosestellung erfolgt mittels Schlaffragebögen und Schlaftagebüchern, die morgens und abends vom Patienten auszufüllen sind“, so Mehlmauer. „Ferner sollten eine organmedizinische Abklärung inklusive Laboruntersuchung und psychiatrischer Untersuchung und gegebenenfalls spezifische Untersuchung des Schlafes mittels Aktigraphie, einer Messung des Ruhe‐ und Aktivitätsrhythmus über mehrere Wochen, oder Polysomnographie im Schlaflabor durchgeführt werden.“ In der medikamentösen Behandlung wird zum Beispiel auf Schlafmittel gesetzt. „Sowohl klassische Benzodiazepine als auch die neuen Z‐Substanzen sollten aufgrund der hohen Problematik von Missbrauch und Abhängigkeit ausschließlich in der Kurzzeitbehandlung in einer maximalen Dauer von vier Wochen eingesetzt werden“, gibt die Expertin zu bedenken. „Die Einschlafzeit wird dadurch verkürzt, die Gesamtschlafzeit verlängert, wobei es allerdings zur Abnahme von Tiefschlaf und REM‐Phase kommt.“ Wirkungsvoll sind zudem sedierende Antidepressiva. „Vor allem für Patienten 55plus ist auch Melatonin eine Option. Die Schlafarchitektur wird dadurch nicht wesentlich beeinflusst, es verbessert sich allerdings die subjektive Schlafqualität.“ Darüber hinaus wichtig sind das Einhalten der schlafhygienischen Regeln sowie Psychotherapie in Form kognitiv‐verhaltenstherapeutischer Techniken wie Entspannung, Bettzeitrestriktion und die Reduktion nächtlicher Grübeleien.
Warum wir schlafen
Ob Fische, Vögel, Reptilien, Säugetiere oder Menschen – die Evolution zeigt, dass alle Wirbeltiere schlafen. Der Schlaf dient der Regeneration des Körpers hinsichtlich Stoffwechsel, Hormone und Immunsystem und ist unentbehrlich für die Ausbildung neuronaler Netzwerke. Somit ist der Schlaf wichtigster Faktor für Hirnentwicklung, Langzeitgedächtnis und Erholung.
Wissenswertes rund um die Schlafhygiene
Plus:
- Schlafumgebung: Bett, richtige Temperatur, Lärm‐, Lichtschutz, kein helles Licht bei nächtlichem Aufstehen
- Beruhigende Rituale: Lesen, Musik, Honigmilch
- Entspannung: Atemübungen, warmes Bad, Muskelrelaxation
- Ruhebild: angenehme Situation vorstellen
Minus:
- Erwartungshaltung: Ich werde nicht schlafen können.
- Sorge: Angst vor Schlafstörungen
- Substanzen: exzessiver Koffeinkonsum, Alkohol‐ und Nikotinkonsum vor dem Schlafengehen
- Nahrung: schwer verdauliches Essen, aber auch Hungern
- Schlafrhythmus: Schlafen am Nachmittag oder Abend, unregelmäßige oder ständig unterbrochene Schlaf‐Wach‐Muster
Dr. Margit Mehlmauer, Oberärztin an der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin
„Schlafgesunde Menschen geben Wohlbefinden bei vier bis zwölf Stunden Schlaf am Tag an.“ „Rund 25 Prozent aller Österreicher sind von Schlafstörungen betroffen.“ „Dauern Schlafstörungen länger als sechs Monate an, werden sie als chronisch bezeichnet. Diese Form tritt bei ca. zehn Prozent der Bevölkerung auf, Frauen sind öfter betroffen als Männer.“ „Durch eine chronische Insomnie steigt das Risiko für Depression, Angststörung und Alkoholmissbrauch.“
Das Klinikum Wels‐Grieskirchen
Das größte Ordensspital Österreichs ist eine Institution der Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz und der Franziskanerinnen von Vöcklabruck. Mit 35 medizinischen Abteilungen, 1.248 Betten und rund 4.000 Mitarbeitern leistet das Klinikum Wels‐Grieskirchen umfassende medizinische Versorgung in Oberösterreich. Der Gesundheitsversorger verzeichnet rund 72.000 stationäre Entlassungen jährlich, das entspricht rund 17 Prozent der stationären Leistung Oberösterreichs. Aufgrund seiner zahlreichen Schwerpunkte und Kompetenzzentren bündelt das Klinikum fachübergreifendes Know‐how und ermöglicht interdisziplinäre Diagnosen und Behandlungen zum Wohle der Patienten.
Pressekontakt Klinikum Wels‐Grieskirchen
Mag. Kerstin Pindeus, MSc MBA, A‐4600 Wels, Grieskirchner Straße 42,
Tel: +43 7242 415 ‐ 93772, Mobil: +43 699 1416 3772
E‐Mail: kerstin.pindeus@klinikum‐wegr.at