Minimalinvasive Therapie von Aortenaneurysmen
„Die meisten Aortenaneurysmen werden eher zufällig im Rahmen einer radiologischen Untersuchung entdeckt und sind asymptomatisch. Die Aortenruptur stellt hingegen ein sehr dramatisches Krankheitsbild dar, welches mit starken Schmerzen und einem massiven Blutverlust einhergeht“, erklärt René Müller-Wille, Leiter des Instituts für Radiologie am Klinikum Wels-Grieskirchen. Ein Einriss der Aortenwand ist potenziell lebensbedrohlich, mit zunehmender Aussackung der Aortenwand nimmt das Risiko deutlich zu. So liegt bei einem abdominellen Aortendurchmesser von 5,5 bis 5,9 Zentimeter das jährliche Rupturrisiko bei 9,4 Prozent. Bei einem Anwachsen des Durchmessers auf über sieben Zentimeter beträgt das Rupturrisiko bereits 32,5 Prozent. „Um die drohende Aortenruptur zu vermeiden, empfehlen internationale Leitlinien bei einem abdominellen Aortenaneurysma mit einem Durchmesser von mehr als 5,5 Zentimetern die Durchführung einer invasiven Therapie, bei Frauen bereits ab einem Durchmesser von 5 Zentimetern“, so Müller-Wille weiter.
Interdisziplinäre Behandlung am Klinikum
„Zur invasiven Behandlung des Aortenaneurysmas stehen sowohl die offene Operation als auch die sogenannte endovaskuläre Aortenreparatur zur Verfügung“, beschreibt der Radiologe die Therapiemöglichkeiten. Bei den operativen Verfahren wird nach chirurgischer Freilegung der Aorta durch die Experten der Herz-, Gefäß- und Thoraxchirurgie der erkrankte Gefäßabschnitt durch eine Prothese ersetzt. Neben der Aneurysmenchirurgie der gesamten Aorta zählen die chirurgische Behandlung der Halsschlagader und die retroperitoneale Aortenbifurkation, die Shuntchirurgie, die Bypass-Chirurgie inklusive kruraler Rekonstruktionen sowie die Varizenchirurgie zu den Schwerpunkten der Welser Gefäßchirurgie. „Bei den endovaskulären Verfahren hingegen werden Endoprothesen von den Leistenarterien aus in einem gefalteten Zustand bis in die krankhafte Aorta vorgeschoben und unter präziser radiologischer Röntgenkontrolle am Zielort freigesetzt“, setzt Müller-Wille fort. Die Entscheidung für das jeweilige Verfahren wird am Klinikum interdisziplinär gemeinsam durch die Abteilung für Herz-, Gefäß- und Thoraxchirurgie und das Institut für Radiologie getroffen.
Minimalinvasive endovaskuläre Aortenreparatur
Die Vorteile der endovaskulären Behandlung liegen im Vergleich zur offenen Operation in ihrer deutlich geringeren Invasivität und der damit verbundenen niedrigeren Komplikationsrate. Durch die fortschreitende Miniaturisierung der Stentgrafts (Low-Profile-Systeme), einer Kombination aus stabilisierendem Drahtgeflecht und künstlichem Blutgefäß aus Kunststoff, und die Weiterentwicklung von Gefäßverschlusssystemen können die Prozeduren heutzutage nahezu regelhaft „perkutan“ über minimale Hautinzisionen von weniger als einem Zentimeter Länge durchgeführt werden. Selbst eine offene chirurgische Freilegung der Zugangsgefäße ist dabei oft nicht mehr nötig. „Die Verwendung modernster radiologischer Angiografietechniken ermöglicht uns eine hochpräzise Platzierung der Endoprothesen“, erklärt Müller-Wille. Die Wahl der Endoprothese richtet sich nach dem betroffenen Aortenabschnitt. In der thorakalen Aorta kommen sogenannte Rohrprothesen zum Einsatz (TEVAR). In der abdominellen Aorta werden modular aufgebaute Y-förmige Endoprothesen verwendet (EVAR). Sind auch die Beckenarterien betroffen, kann ein sogenanntes Iliac-Branch-Device (IBD) implantiert werden. Das Klinikum Wels-Grieskirchen verfügt über ein großes Sortiment an verschiedenen Endoprothesen, welches in einer Art Baukastensystem die Versorgung nahezu aller Aneurysmen zulässt. Selbst im Falle einer akuten Aortenruptur kann bei passender Anatomie eine endovaskuläre Versorgung vorgenommen werden.
Der „Maßanzug“ für die Aorta
Bei einem Aortenaneurysma handelt es sich um eine krankhafte Aussackung aller Wandschichten der Hauptschlagader (Aorta). Aneurysmen können im Brustbereich (thorakales Aortenaneurysma) oder im Bauchbereich (abdominelles Aortenaneurysma) vorkommen. Nicht selten sind die Beckenarterien ebenfalls mitbetroffen (Beckenarterienaneurysma). Sind alle Abschnitte der Aorta krankhaft erweitert, spricht man von einem thorakoabdominellen Aortenaneurysma. Die Häufigkeit für das Auftreten eines Aortenaneurysmas ist vor allem abhängig vom Lebensalter und Geschlecht. Männer sind fünfmal häufiger betroffen als Frauen. Die Häufigkeit nimmt ab dem 65. Lebensjahr deutlich zu (bis zu neun Prozent aller Männer). Raucher haben ein bis zu sechsfach erhöhtes Risiko, an einem abdominellen Aortenaneurysma zu erkranken.
Steckbrief – Aneurysma der Bauchschlagader
- Geschlecht: Männer häufiger betroffen als Frauen
- Alter: 65plus, Risiko steigt mit dem Alter
- Lebensstil: Rauchen stellt den größten Risikofaktor dar, welchen man selbst beeinflussen kann
- Vorerkrankungen: Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit und erhöhte Blutfette steigern das Risiko
- Familie: genetische Veranlagung kann bestehen
Prim. Prof. Dr. René Müller-Wille, Leiter des Instituts für Radiologie
© Klinikum Wels-Grieskirchen / Nik Fleischmann
„Die meisten Aortenaneurysmen werden eher zufällig im Rahmen einer radiologischen Untersuchung entdeckt.“ „Die Aortenruptur stellt ein sehr dramatisches Krankheitsbild dar, welches mit starken Schmerzen und einem massiven Blutverlust einhergeht.“ „Zur invasiven Behandlung des Aortenaneurysmas stehen sowohl die offene Operation als auch die sogenannte endovaskuläre Aortenreparatur zur Verfügung.“ „Die Verwendung modernster radiologischer Angiografietechniken ermöglicht uns eine hochpräzise Platzierung der Endoprothesen.“
Bildtext: v.l.n.r.: Institutsleiter Prim. Prof. Dr. René Müller-Wille mit OA Dr. Manfred Kastner,
OA Dr. Martin Weninger, OA Dr. Peter Spöttl, MPH, OA Dr. Martin Stickler u. Radiologietechnologe Sasa Jakic,
alle Radiologie, Klinikum Wels-Grieskirchen
Minimalinvasiv: Angiografie an der Radiologie am Klinikum Wels-Grieskirchen
© Klinikum Wels-Grieskirchen / Nik Fleischmann
Das Klinikum Wels-Grieskirchen
Das größte Ordensspital Österreichs ist eine Institution der Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz und der Franziskanerinnen von Vöcklabruck. Mit mehr als 30 medizinischen Abteilungen, 1.248 Betten und rund 3.950 Mitarbeitern leistet das Klinikum WelsGrieskirchen umfassende medizinische Versorgung in Oberösterreich. Der Gesundheitsversorger verzeichnet rund 72.000 stationäre Entlassungen jährlich, das entspricht rund 17 Prozent der stationären Leistung Oberösterreichs. Aufgrund seiner zahlreichen Schwerpunkte und Kompetenzzentren bündelt das Klinikum fachübergreifendes Know-how und ermöglicht interdisziplinäre Diagnosen und Behandlungen zum Wohle der Patienten.
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